Berichterstattung über Ermittlungsverfahren gegen Ärzte

In den Medien besteht ein großes Interesse an Ermittlungsverfahren gegen Ärzte („Dr. Horror“). Nicht selten werden auch die Namen der betroffenen Ärzte genannt. Es liegt auf der Hand, dass solche Berichte eine große Gefahr für die betroffenen Ärzte darstellen. Auf der anderen Seite stehen die Pressefreiheit und das Interesse der Öffentlichkeit an Information. Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) hat hierzu ein interessantes Urteil erlassen (Az. 4 W 170/10).

Im konkreten Fall ging es darum, dass gegen einen Chefarzt für Innere Medizin ein Ermittlungsverfahren wegen Mordverdachtes lief. Dieses wurde eingestellt. Im Einstellungsbescheid wurde abschließend festgestellt, dass der Internist hinsichtlich eines strafrechtlichen Vorwurfes als rehabilitiert angesehen werden müsse. Dennoch rief ein Redakteur eines Fernsehsenders ca. einen Monat später bei dem Internisten an und teilte mit, dass man für die nächste Sendung in drei Tagen einen Beitrag zum Thema Ärzte und Erbrecht und ein Interview mit ihm plane. Einen Tag vor der Sendung wurde dem Internisten ein Fragenkatalog übersandt, der sich auf Aussagen von Zeugen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bezog. Diesen Fragenkatalog ließ der Internist von seinem Rechtsanwalt beantworten. Außerdem erbat er eine verbindliche Erklärung des Fernsehsenders, dass über ihn nicht in identifizierbarer Weise berichtet werde. Da der Fernsehsender nicht antwortete, beantragte der Internist eine einstweilige Verfügung. Das OLG hielt diesen Antrag für zulässig und begründet und sprach dem Internisten die Erstattung der ihm entstandenen Kosten zu (Sachverhalt vereinfacht).

Dieser Fall gibt Anlass zu Ausführungen über das Recht der Medien zu Veröffentlichungen über Strafverfahren: Grundsätzlich ist eine Verurteilung wegen einer Straftat nicht Privatsache, da ja die betreffenden Gerichtsverhandlungen öffentlich sind (bei Jungendlichen oder Sexualdelikten wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen). Während des Ermittlungsverfahrens und des Gerichtsverfahrens hat sich die Presse insofern eine Zurückhaltung aufzuerlegen, dass es zu keiner Vorverurteilung des Verdächtigen kommt. Dies führt oft dazu, dass der Name des Verdächtigen nicht genannt werden darf, sofern es sich nicht um öffentlich besonders bekannte Personen handelt. Wird das Verfahren eingestellt, besteht in der Regel kein Interesse mehr an einer Kenntnis des Namens des Betroffenen, deshalb darf dieser nicht mehr genannt werden.
Diese Beschränkungen gelten grundsätzlich nicht für die Recherchen der Redaktionen, die ja als solche nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Das OLG hat nun entschieden, dass es für ein Einschreiten der Gerichte reicht, wenn die Recherchen sich schon so konkretisiert haben, dass der Betroffene mit einer unzulässigen Namensnennung rechnen musste. Hier wurde ein Interview angekündigt, obwohl die Namensnennung wegen der Einstellung des Verfahrens nicht mehr zulässig war. Damit bestand eine konkrete Gefahr einer Rechtsverletzung, der mit einer einstweiligen Verfügung entgegen getreten werden durfte.

Trotz dieser erfreulichen Entscheidung seien alle (Zahn-) ärzte gewarnt: Wenn Presseanfragen erfolgen, sollte man darauf bestehen, dass die Fragen schriftlich vorgelegt werden. Eine Genehmigung zur Veröffentlichung sollte nur nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt erteilt werden. Außerdem sollte der Redakteur schriftlich zur Unterlassung einer Namensnennung aufgefordert werden, sofern diese unzulässig ist.

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