Kostenlose Herausgabe von Kopien der Behandlungsunterlagen?

Regelmäßig verlangen Patienten von ihren Zahnärzten die Überlassung von Kopien der sie betreffenden Behandlungsunterlagen. Dies dient regelmäßig dazu, nach Behandlungsfehlern zu suchen und ggf. entsprechende Ansprüche zu stellen. Nicht selten steht am Ende eine Klage des Patienten gegen den Zahnarzt. Dies ist dem betroffenen Zahnarzt meist bewusst, außerdem stellt die Anfertigung der Kopien einschließlich Röntgenaufnahmen und Modellen eine erhebliche Arbeits- und Kostenbelastung dar.

630 g (2) 2 BGB bestimmt, dass der Patient „dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten“ hat. Insofern werden meist 0,50 € pro Seite für die ersten 50 Kopien sowie Kosten für die Kopie von Röntgenbildern (z.B. USB-Stick) und Modellen sowie Portokosten berechnet.

Seit 2018 ist jedoch die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft. Diese gibt Betroffenen das Recht, vom für eine Datenverarbeitung verantwortlichen eine Auskunft über die über ihn gespeicherten Daten zu erhalten. Dabei ist die erste Auskunft kostenlos zu erteilen. Hieraus wird von manchen geschlossen, dass diese europäische Vorschrift dem deutschen BGB vorgeht und deshalb Ärzte ihren Patienten eine (erste) Kopie der Behandlungsunterlagen kostenlos zu erteilen haben.

Dieser Schluss ist aber keineswegs zwingend: Der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen, hat diese Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt (AZ. VI ZR 1352/20). U.a. stellt der BGH darauf ab, dass das Auskunftsrecht nach DSGVO dem Datenschutz diene, während die Vorlage von Patientenunterlagen der Prüfung auf Behandlungsfehler. Schließlich geht es den anfordernden Patienten wohl nie darum, ob der Zahnarzt seine Daten zu Recht verarbeitet. Weiter stelle sich u.a. die Frage, ob nicht die deutsche Vorschrift des § 630 g (2) 2 BGB eine legitime Beschränkung der generellen DSGVO darstelle.

Eine Antwort des EuGH steht noch aus. Deshalb ist derzeit entgegen einer verbreiteten Meinung keineswegs sicher, dass Zahnärzte Kopien der Behandlungsunterlagen kostenlos zur Verfügung stellen müssen. Ob es sinnvoll ist, wegen möglicherweise wenigen Euro einen Rechtsstreit zu führen, ist eine andere Frage.