Seit einigen Jahren nehmen immer mehr Zahnärzte „Abformungen“ mit Intraoralscannern vor. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat jetzt entschieden, dass diese nicht als BEMA Nr. 7a abgerechnet werden können (AZ. L 7 KA 9/19).

Bei einer zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft hatte die zuständige KZV die Abrechnung betr. zwei Quartale um 3.544,99 € gekürzt. Es ging dabei um insgesamt 95 Fälle, bei denen keine klassischen Abformungen und Modelle sondern Intraoralscans erstellt wurden. Dies fiel offenbar dadurch auf, dass keine Material- und Laborkosten abgerechnet wurden.

Diese Kürzung wurde in zweiter Instanz vom LSG bestätigt. Das Gericht wandte die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts an. Danach sind BEMA-Positionen streng nach ihrem Wortlaut und nicht analog anzuwenden.  Eine „Abformung“ setze eine konventionelle Abformung mit einem selbst aushärtenden Material voraus.

Das Gericht wies noch darauf hin, dass den Zahnärzten eine Abrechnung nach der GOZ-Nummer 0065 möglich sei. Im Übrigen sei es Aufgabe des Bewertungsausschusses, Intraoralscans in den BEMA aufzunehmen.

 

Seit vielen Jahren billigen die Obergerichte dem Zahnarzt das Recht zu, von ihm eingegliederten Zahnersatz nachzubessern. Seit der grundlegenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Jahre 1986 (Az. 8 U 279/84) ist anerkannt, dass neuer Zahnersatz nicht sofort „sitzen“ muss und der Patient dem Zahnarzt eine Nachbesserung ermöglichen muss.

Wie viele Nachbesserungen der Patient dem Zahnarzt ermöglichen muss, kann man nicht pauschal sagen: Bei einzelnen Kronen dürften es nur sehr wenige sein, bei umfangreichem Zahnersatz in einem Abrasionsgebiss sind dem Zahnarzt sicher etliche Nachbesserungen zu ermöglichen. Das Oberlandesgericht Dresden (OLG) hat nun entschieden, dass es Sache des Patienten ist zu beweisen, dass die Zahl der Nachbesserungen die Grenze des Zumutbaren überschreitet (Az. 4 U 2562/21). Anders ausgedrückt: In Zweifel stehen dem Zahnarzt mehr Nachbesserungen zu. Dies ist natürlich eine große Hilfe in zahnärztlichen Haftungsprozessen.

Übrigens: Ein Patient kann immer entscheiden, ob er sich einer Behandlung unterziehen möchte, dies gilt auch für Nachbesserungen von Zahnersatz. Verweigert er diese jedoch, kann er keine Mängel des Zahnersatzes rügen, d.h. noch vorhandene Mängel führen zu keinem Anspruch des Patienten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Bekanntlich ist eine invasive ärztliche Behandlung nur zulässig, wenn der Patient in diese einwilligt. Diese Einwilligung setzt voraus, dass er zuvor ordnungsgemäß vom Arzt aufgeklärt wurde. Diese Aufklärung muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient in Ruhe überlegen kann, ob er einwilligt.

Ein Patient hat nun geltend gemacht, dass er zwar ordnungsgemäß aufgeklärt wurde und dies auch rechtzeitig erfolgte. Jedoch sei seine sofortige Unterschrift unter das Aufklärungsformular unwirksam, da diese sofort nach der Aufklärung erfolgte und er nicht mehr über die Aufklärung nachdenken konnte. Das Berufungsgericht ist dieser Argumentation gefolgt. Wenn dies ständige Rechtsprechung geworden wäre, hätte dies die Abläufe in einer Zahnarztpraxis erheblich komplizierter gemacht. Der Patient hätte nach der Aufklärung zunächst nach Hause gehen und am nächsten Tag wiederkommen müssen, um seine Einwilligung zu erteilen.

Zum Glück sah das der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen, anders (Az. VI ZR 375/21): Es gebe keine „Sperrfrist“, die einzuhalten sei, bis nach der Aufklärung die Einwilligung des Patienten erfolgen könne. Natürlich sei es dem Patienten unbenommen, eine Bedenkzeit zu erbitten. Jedoch müsse er dies ausdrücklich verlangen. Ansonsten ist seine Unterschrift grundsätzlich wirksam.

Allerdings wies der BGH nachdrücklich daraufhin, dass dies nur für die Unterschrift gelte. Die Aufklärung selber müsse so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient eine ausreichende Überlegungszeit hat, also nicht unmittelbar vor dem Eingriff. Im Übrigen sei noch einmal daran erinnert, dass das bloße Übergeben eines Aufklärungsformulars nicht ausreicht, auch dann nicht, wenn der Patient dieses unterschreibt. Entscheidend ist das mündliche Gespräch zwischen Arzt und Patient. Formulare können nur unterstützend eingesetzt werden.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat die Entziehung der Zulassung eines Vertragszahnarztes bestätigt, dem u.a. vorgeworfen wurde, andere Zahnärzte als angebliche Partner einer Berufsausübungsgesellschaft (BAG) geführt zu haben, die in Wirklichkeit angestellt waren (Az. L 7 KA 4/20)

Nach § 95 (6) SGB V ist die vertragszahnärztliche Zulassung zu entziehen, wenn der Vertragszahnarzt seine vertragszahnärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Eine solche gröbliche Verletzung liegt u.a. vor, wenn angestellte Zahnärzte als Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft – früher: Gemeinschaftspraxis – geführt werden. Ob bei einem angeblichen Partner in Wirklichkeit eine abhängige Beschäftigung (so genannte Scheinselbstständigkeit) vorliegt, ist in einer Gesamtschau aller Umstände zu bewerten. Wesentliche Kriterien sind: Der Betreffende muss ein eigenes wirtschaftliches Risiko tragen und eben nicht ein Festgehalt erhalten – es nützt nichts, wenn dieses als „feste monatliche Ausschüttung“ o.ä. bezeichnet wird. Ebenso muss er nach einer gewissen Zeit am immateriellen Wert der gemeinsamen Praxis beteiligt werden. Weiter darf er keinen Weisungen unterliegen, wann und wie er seine zahnärztlichen Leistungen erbringt. Das LSG hat noch eine weitere Anforderung formuliert: Der Vertragszahnarzt muss dem Zulassungsausschuss alle Verträge und sonstigen Vereinbarungen vorlegen und diese müssen den Anforderungen des Vertragszahnarztrechts entsprechen. Hierzu müsse der Vertragszahnarzt fachkundigen juristischen Rat einholen.

Die Folgen einer Scheinselbstständigkeit sind drastisch: Die von Scheinselbstständigen erbrachten GKV-Leistungen werden nicht bezahlt, den Beteiligten droht ein Disziplinarverfahren und dem Initiator kann die Zulassung entzogen werden. Deshalb ist bei Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft dringend zu empfehlen, bei der Vertragsgestaltung spezialisierten fachkundigen Rat einzuholen und keineswegs einfach einen Mustervertrag zu verwenden. Ebenso sollten bestehende Verträge regelmäßig überprüft werden.

Regelmäßig verlangen Patienten von ihren Zahnärzten die Überlassung von Kopien der sie betreffenden Behandlungsunterlagen. Dies dient regelmäßig dazu, nach Behandlungsfehlern zu suchen und ggf. entsprechende Ansprüche zu stellen. Nicht selten steht am Ende eine Klage des Patienten gegen den Zahnarzt. Dies ist dem betroffenen Zahnarzt meist bewusst, außerdem stellt die Anfertigung der Kopien einschließlich Röntgenaufnahmen und Modellen eine erhebliche Arbeits- und Kostenbelastung dar.

630 g (2) 2 BGB bestimmt, dass der Patient „dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten“ hat. Insofern werden meist 0,50 € pro Seite für die ersten 50 Kopien sowie Kosten für die Kopie von Röntgenbildern (z.B. USB-Stick) und Modellen sowie Portokosten berechnet.

Seit 2018 ist jedoch die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft. Diese gibt Betroffenen das Recht, vom für eine Datenverarbeitung verantwortlichen eine Auskunft über die über ihn gespeicherten Daten zu erhalten. Dabei ist die erste Auskunft kostenlos zu erteilen. Hieraus wird von manchen geschlossen, dass diese europäische Vorschrift dem deutschen BGB vorgeht und deshalb Ärzte ihren Patienten eine (erste) Kopie der Behandlungsunterlagen kostenlos zu erteilen haben.

Dieser Schluss ist aber keineswegs zwingend: Der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen, hat diese Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt (AZ. VI ZR 1352/20). U.a. stellt der BGH darauf ab, dass das Auskunftsrecht nach DSGVO dem Datenschutz diene, während die Vorlage von Patientenunterlagen der Prüfung auf Behandlungsfehler. Schließlich geht es den anfordernden Patienten wohl nie darum, ob der Zahnarzt seine Daten zu Recht verarbeitet. Weiter stelle sich u.a. die Frage, ob nicht die deutsche Vorschrift des § 630 g (2) 2 BGB eine legitime Beschränkung der generellen DSGVO darstelle.

Eine Antwort des EuGH steht noch aus. Deshalb ist derzeit entgegen einer verbreiteten Meinung keineswegs sicher, dass Zahnärzte Kopien der Behandlungsunterlagen kostenlos zur Verfügung stellen müssen. Ob es sinnvoll ist, wegen möglicherweise wenigen Euro einen Rechtsstreit zu führen, ist eine andere Frage.

Wenn ein Patient eine Rechnung nicht bezahlt, wird er zunächst gemahnt. Dabei ist es wichtig, ihm eine genaue Frist für die Zahlung zu setzen. Vorsichtshalber sollte diese Mahnung per Einwurf-Einschreiben erfolgen. Wenn diese Frist abgelaufen ist und der Patient immer noch nicht gezahlt hat, befindet er sich im Verzug. Dann kann sofort das Gericht eingeschaltet werden. Am einfachsten geschieht dies durch die Beantragung eines Mahnbescheides. Dadurch wird auch eine möglicherweise drohende Verjährung gemäß § 204 BGB gehemmt.

Allerdings muss der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides bestimmte formale Anforderungen erfüllen (vgl. § 690 ZPO). Immer wieder verstoßen Zahnärzte bei Beantragung eines Mahnbescheides gegen § 690 (1) Nr. 3 ZPO. Danach muss der Anspruch „unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung“ bezeichnet werden. Dies interpretiert der Bundesgerichtshof (BGH) so, dass der Schuldner, also der Patient, aufgrund dieser Bezeichnung erkennen kann, woraus der Gläubiger, also der Zahnarzt, seinen Anspruch herleitet.

Es reicht also nicht, einfach nur die verlangte Summe in den Antrag einzutragen. Meist reicht es auch nicht, nur „aus der Behandlung“ zu schreiben. Vielmehr muss die konkrete Rechnung, die der Patient nicht bezahlt hat, bezeichnet werden und zwar mit Nummer und Datum der Rechnung. Erfolgt eine solche Individualisierung nicht, hemmt der Mahnbescheid die Verjährung nicht.

Der BGH hat allerdings in einer Entscheidung den Gläubigern etwas geholfen: Die geforderte Individualisierung kann nachgeholt werden und zwar mit einer Nachricht an den Schuldner (Az. VII ZR 255/21).

Besser ist es, den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gleich richtig auszufüllen.

Viele Zahnärzte werden im Internet auf entsprechenden Plattformen bewertet. Meist sind diese positiv, es gibt jedoch immer wieder negative Bewertungen. Es liegt auf der Hand, dass solche negativen Bewertungen dazu führen können, dass Patienten die Praxis nicht aufsuchen. Ein Vorgehen gegen die Autoren der negativen Bewertungen ist meist nicht möglich, da diese auf den Plattformen anonym bleiben. Deshalb wollen Zahnärzte regelmäßig die Entfernung negativer Bewertungen durch den Plattformbetreiber erreichen. Der Bundesgerichtshof (BGH), das höchste deutsche Gericht in Zivilsachen, hat jetzt in zwei Entscheidungen die Rechtslage deutlich gemacht (Az. VIII ZR 319/20, VI ZR 1244/20). Es ging dabei um Bewertungen auf ebay betr. einen Kauf und um die Bewertung eines Hotels, jedoch können die Grundsätze auf die Bewertung von Zahnärzten übertragen werden.

Zunächst betont der BGH, dass Bewertungsportale „eine von der Rechtsordnung gebilligte und gesellschaftlich erwünschte Funktion erfüllen“. Außerdem könne von den Betreibern nicht verlangt werden, jeden Eintrag anlasslos zu prüfen.

Wegen des Grundrechtes auf Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) müssen die Werturteile nicht ausgewogen sein, sie dürfen auch scharfe und sogar überzogene Kritik enthalten. Die Grenze ist die so genannte Schmähkritik. Diese lieht vor, wenn es nicht mehr um den eigentlichen Sachverhalt sondern nur noch um die Herabsetzung der anderen Person – hier des Zahnarztes – geht. Allerdings legt der BGH den Begriff der Schmähkritik eng aus, im konkreten Fall hielt der BGH die Eintragung „Versandkosten Wucher“ nicht für Schmähkritik.

Unzulässig sind allerdings falsche Tatsachenbehauptungen. Hierzu gehört auch, dass kritische Bewertungen von Zahnärzten so zu verstehen sind, der Eintragende sei bei dem betreffenden Zahnarzt in Behandlung gewesen. Sofern das nicht stimmt, behauptet der Eintragende schlüssig etwas Falsches. Deshalb sollte der Zahnarzt gegenüber dem Plattformbetreiber erklären, dass der Eintragende gar nicht bei ihm in Behandlung war – möglichst sollte er das nachvollziehbar begründen. Wenn der Plattformbetreiber auf diese Weise Kenntnis von einem möglichen Rechtsverstoß bekommt, muss er nun doch eine Prüfung vornehmen – weil es ja nun einen Anlass dazu gibt. Regelmäßig ist den Plattformbetreibern ein solcher Aufwand zu groß und sie entfernen den kritischen Eintrag. Wenn der Plattformbetreiber keine Prüfung vornimmt und den kritischen Eintrag auch nicht entfernt, kann der Zahnarzt gegen den Plattformbetreiber auf Unterlassung klagen.

Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Hessen (VGH) dürfen Ärzte keinerlei sexuelle Kontakte zu ihren Patienten haben (Az. 25 A 2252/18.B)

Ein Internist hatte wiederholt Sex mit einem seiner Patienten. Dieser fand nicht in den Praxisräumen sondern in einer Privatwohnung statt. Ein gegen den Internisten eingeleitetes Strafverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses (§ 174 c StGB) führte in zweiter Instanz rechtskräftig zu einem Freispruch, d.h. dem Internisten konnte keine Ausnutzung des Behandlungsverhältnisses nachgewiesen werden.

Der VGH sah aber einen Verstoß gegen die Berufspflichten der Ärzte, genauer gegen die Generalklausel, die sich in den (zahn-) ärztlichen Berufsordnungen findet. (Zahn-) Ärzte sind danach verpflichtet, „dem ihnen im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen“. So auch § 2 der Musterberufsordnung der Bundeszahnärztekammer.

Aus dieser Vorschrift leitet der VGH ein absolutes Abstinenzgebot ab: Ärzte haben sich sexuellen Kontakten mit Patienten gänzlich zu enthalten, dies gilt auch außerhalb der eigentlichen Behandlungssituation. Der VGH begründet das damit, dass sexuelle Kontakte zum Patienten die Objektivität des Arztes beeinflussen können und er aus Zuneigung Behandlungen vornimmt, die eigentlich nicht indiziert sind.

Der VGH empfiehlt Ärzten, bei Bedürfnis nach sexuellen Kontakten die Behandlung von einem anderen Arzt weiterführen zu lassen.

Es kommt immer wieder vor, dass Zahnarztpraxen aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses von der Polizei durchsucht werden. Der Schaden für den betroffenen Zahnarzt ist enorm: Zum einen spricht es sich schnell herum und viele Menschen denken dann, dass der Zahnarzt bestimmt ein Verbrecher sei. Zum anderen nehmen die Polizeibeamten oft viele Unterlagen, manchmal auch ganze Computer mit, was den Praxisbetrieb erheblich behindert. Deshalb sollte alles getan werden, dass es gar nicht erst zu einer Durchsuchung kommt oder diese wenigstens möglichst schnell beendet wird.

 

Bei solchen Durchsuchungen geht es meistens um die Sicherstellung von Unterlagen, die einen bestimmten Patienten betreffen und dies meist aufgrund einer Strafanzeige eben dieses Patienten. Deshalb sollte man auf eine Einigung mit dem Patienten bedacht sein, damit dieser nicht zu einer Strafanzeige greift. Zum anderen sollte man anbieten, alle gewünschten Unterlagen vorzulegen, damit keine Durchsuchung und/oder Beschlagnahme nötig ist.

 

Hat dennoch ein Gericht einen Durchsuchungsbeschluss erlassen, sollte man – mit Hilfe eines Rechtsanwaltes – alles tun, damit dieser wieder aufgehoben und die beschlagnahmten Unterlagen herausgegeben werden. Dazu muss man unter Vorlage von Beweismitteln vortragen, dass der Verdacht gar nicht zutrifft oder dass die Durchsuchung zumindest unverhältnismäßig ist.

 

Eine Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Az. 12 Qs 24/22) (LG) zeigt, dass man damit Erfolg haben kann. Die erste Instanz, das Amtsgericht, hatte einen Durchsuchungsbeschluss betr. eine Arztpraxis erlassen, nachdem eine ehemalige Patientin u.a. behauptet hatte, eine bestimmte Leistung sei an dem angegebenen Tag nicht erbracht worden. Dies traf zwar zu, jedoch war es wahrscheinlich, dass nur ein Versehen vorlag. Das LG befand, dass eine Durchsuchung angesichts des möglicherweise entstandenen Schadens von 21,74 € unverhältnismäßig ist und hob deshalb den Durchsuchungsbeschluss auf. Es ließ sich auch nicht von der – häufig vorgebrachten – Behauptung der Staatsanwaltschaft beirren, die Verdachtsmomente ließen auf eine Vielzahl von Fällen schlussfolgern. Für alle weiteren Fälle lag eben kein konkreter Verdacht vor!

 

 

 

 

Einem Zahnarzt wurde vorgeworfen, in den Jahren 2010 – 2014 in 33 Fällen bei seinen Patienten Zähne extrahiert zu haben, obwohl diese noch erhaltungswürdig waren. Zuvor hatte er behauptet, dass die Extraktionen zwingend sind, die Patienten haben seinem Urteil vertraut und in die Zahnentfernungen eingewilligt.

Diese durch Täuschung erlangte Einwilligung ist unwirksam. Unstreitig liegt damit eine vorsätzliche einfache Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB vor. Lange war es jedoch umstritten, ob eine unerlaubte Zahnextraktion durch einen Zahnarzt auch eine gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 StGB darstellt. Dieser scheinbar akademische Streit hat in der Praxis erhebliche Konsequenzen: Die einfache Körperverletzung ist mit einer Höchststrafe von fünf Jahren bedroht, die gefährliche Körperverletzung mit zehn Jahren. Das bedeutet zunächst, dass der Zahnarzt mit einer höheren Strafe zu rechnen hat. Es bedeutet aber auch, dass die Taten später verjähren.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) hat entschieden, dass es um eine gefährliche Körperverletzung geht. Denn die Extraktionszange sei ein gefährliches Werkzeug, das geeignet ist, dem Opfer erhebliche Verletzungen beizubringen, nämlich den unwiederbringlichen Verlust eines Teils des Gebisses und eine offene Wunde. Konsequenterweise hielt das OLG die schon mehrere Jahre zurück liegenden Tagen noch nicht für verjährt. Der Zahnarzt muss also mit einer erheblichen Bestrafung rechnen (Az. 1 Ws 47/22).