Das zahnärztliche Werberecht wurde sehr liberalisiert. Zahnärzte dürfen mehrere Praxisschilder haben und auf ihre Fähigkeiten hinweisen. Weiter verboten ist eine irreführende Werbung. Eine solche Irreführung liegt nach der Rechtsprechung vor, „wenn das Verständnis, das eine Angabe bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt.“ „Auch eine objektiv richtige Angabe kann irreführend sein, wenn sie beim Verkehr, an den sie sich richtet, gleichwohl zu einer Fehlvorstellung führt.“ In einfacherem Deutsch: Ein Zahnarzt darf mit seiner Werbung bei seiner Zielgruppe keine falschen Vorstellungen über seine Praxis und seine persönlichen Fähigkeiten wecken.

 

Hierzu hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein Zahnarzt nicht für sich mit der Bezeichnung „Kieferorthopäde“ werben darf, sofern er nicht die entsprechende Fachzahnarztbezeichnung führen darf und dies nicht bei seiner Werbung deutlich macht (Urteil vom 29. Juli 2021, Az. I ZR 114/20).

 

Jetzt hat der BGH entschieden, dass die Verwendung des Begriffes „Kinderzahnarztpraxis“ zulässig ist, sofern die Ausstattung der Praxis kindgerecht ist und die dort tätigen Zahnärzte für die Belange von Kindern aufgeschlossen sind. Besondere fachliche Kenntnisse im Bereich der Kinderzahnheilkunde seien nicht erforderlich (Urteil vom 7. April 2022, Az. I ZR 217/20).

 

Am gleichen Tag hat der BGH entschieden, dass die Werbung mit der Angabe „Kinderzahnärztin“ in Verbindung mit der Bezeichnung „Kieferorthopädin“ nicht zulässig ist, da in dieser Kombination der Eindruck entstehen könne, die betreffende Zahnärztin habe betr. die Kinderzahnheilkunde eine „besondere, gegenüber staatlichen Stellen nachgewiesene Qualifikation“ (Urteil vom 7. April 2022, Az. I ZR 5/21).

 

Der BGH hat allerdings nicht entschieden, ob die isolierte Verwendung des Begriffs „Kinderzahnärztin“ zulässig ist. Jedoch legt der BGH nahe, „weniger verwechslungsanfällige Begriffe“ wie einen Tätigkeitsschwerpunkt zu verwenden.

 

Die Rechtslage ist also äußerst kompliziert. Daher sollte ein Zahnarzt, der für Kinderbehandlungen werben will, sehr genau darlegen, welche besonderen Qualifikationen und Erfahrungen er hat. Im Zweifelsfalle sollte er fachanwaltlichen Rat einholen, da er anderenfalls teure Abmahnungen riskiert.

 

 

 

 

 

Die Behandlungsdokumentation eines (Zahn-) arztes hat juristisch eine große Bedeutung. Es wird vermutet, dass sie richtig ist. Das bedeutet zum einen die Vermutung,  dass dokumentierte Untersuchungen, Aufklärungen und Behandlungen auch stattgefunden haben. Allerdings wird nach § 630 h (3) BGB auch umgekehrt vermutet, dass eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme nicht stattgefunden hat, wenn sie und ihr Ergebnis nicht dokumentiert wurde. Mit anderen Worten: Die Dokumentation kann für den Zahnarzt sowohl positive als auch negative Bedeutung haben. Diese Vermutung wurde für die klassische schriftliche Dokumentation entwickelt, für diese gilt sie bis heute.

 

Vor rund zehn Jahren wurde mit dem Patientenrechtegesetz die Vorschrift des § 630 f (1) BGB eingeführt. Danach muss die Dokumentation erkennen lassen, wann welche Änderungen vorgenommen wurden. Dies gilt ausdrücklich auch für elektronische Dokumentationen. Bisher war umstritten, welche Folgen es hat, wenn die von einem Zahnarzt eingesetzte elektronische Behandlungsdokumentation nachträgliche Änderungen nicht erkennbar macht.

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat für Klarheit gesorgt (AZ. VI ZR 84/19): Eine solche Dokumentation löst die beschriebene Vermutung, dass dokumentierte Maßnahmen auch erfolgt sind, nicht aus. Denn eine elektronische Dokumentation, die nachträgliche Änderungen nicht erkennbar macht, „rechtfertigt nicht den ausreichend sicheren Schluss, die dokumentierte Maßnahme sei tatsächlich erfolgt.“ Allerdings kann aus der Verwendung einer solchen Software auch nicht geschlossen werden, die Maßnahme sei nicht erfolgt.

 

Aufgrund dieser Entscheidung des BGH, des obersten deutschen Gerichts in Zivilsachen, sollte jeder Zahnarzt seine Maßnahmen am Patienten entweder schriftlich oder mit einer Software dokumentieren, die nachträgliche Änderungen erkennbar macht. Ein entsprechender Nachweis sollte vorliegen.

 

 

 

 

 

 

Es ist bekannt, dass eine (zahn-) ärztliche Behandlung nur zulässig ist, wenn der Patient wirksam in sie eingewilligt hat. Eine wirksame Einwilligung setzt u.a. voraus, dass der Patient über gleichwertige Behandlungsalternativen und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile aufgeklärt wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass der Zahnarzt die erfolgte Aufklärung beweisen muss. Gelingt ihm dies nicht, liegt eine unzulässige Behandlung vor – mit erheblichen juristischen Konsequenzen.

 

In solchen Fällen gibt es eine letzte Rettung: Schon vor vielen Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechtsfigur der so genannten hypothetischen Einwilligung entwickelt: Der Zahnarzt kann sich darauf berufen, der Patient hätte auch im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Behandlung eingewilligt. Diese Rechtsfigur wurde vor rund 10 Jahren auch in das Gesetz aufgenommen: § 630 h Abs. 2 Satz 2 BGB.

 

Leider ist es so, dass die Rechtsprechung insofern einen strengen Maßstab anlegt, wie der BGH jetzt bestätigte (Az. VI ZR 277/19). Dem Zahnarzt ist dieser Ausweg schon dann versperrt, wenn der Patient nur plausibel macht, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte. Er muss nicht einmal behaupten, dass er sich gegen die durchgeführte Behandlung entschieden hätte, geschweige denn beweisen.

 

Um Aufklärungsfehler zu vermeiden sollte man also eher zu viel aufklären und dies ausführlich dokumentieren und sich nicht auf die „Hypothetische Einwilligung“ verlassen.

In einer Praxis wurde regelmäßig die sogenannte „Knochendeckelmethode“ angewendet, d.h. es wurde ein Stück aus einem Kieferknochen entfernt, dann darunter z.B. eine Wurzelspitzenresektion vorgenommen, und anschließend das Knochenstück an derselben Stelle wieder eingesetzt. Ein solches Vorgehen ist wissenschaftlich anerkannt, es führt insbesondere bei größeren Resektionen zu einer guten Neubildung von Knochen ohne „Delle“. Diese Methode bedeutet auch gegenüber einem bloßen Entfernen von Knochen einen höheren Aufwand für den Zahnarzt.

 

Diesen Mehraufwand wollte der Behandler durch zusätzliche Abrechnung der GOÄ 2255 (Freie Verpflanzung eines Knochens oder von Knochenteilen (Knochenspäne)) bezahlt haben: 165 Punkte im BEMA. Die KZV akzeptierte diese Abrechnung nicht: Diese Gebührenziffer sei nur dann abrechenbar, wenn Knochenentnahme und -einsetzung nicht am selben Ort erfolgten. Hiergegen klagte der Behandler durch drei Instanzen. In letzter Instanz entschied das Bundessozialgericht (BSG), dass diese Bewertung der KZV richtig ist (Az.: B 6 KA 9/20 B). Entscheidend war, dass es sich eben nicht um eine „Verpflanzung“ handele, wenn das betreffende Knochenstück wieder an derselben Stelle eingesetzt werde.

 

Abgesehen von konkreten Fall zeigt diese Entscheidung, dass die Rechtsprechung die Abrechnungsvorschriften im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung eng auslegt. Es gibt – anders als bei der Privatabrechnung – keine analoge Berechnung. Dies sollte man bei allen Abrechnungen beachten.

 

Allerdings gibt es auch für den Mehraufwand bei der Knochendeckelmethode einen Ausgleich: Die KZV gewährte die GOÄ 2254 (Implantation von Knochen) mit immerhin 83 BEMA-Punkten.

Bekanntlich können Zahnärzte seit kurzem nach Absolvierung einer entsprechenden Schulung Impfungen gegen Covid-19 vornehmen. Deshalb ist auch für Zahnärzte interessant, unter welchen Voraussetzungen Minderjährige geimpft werden dürfen. Hierzu hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main eine Entscheidung getroffen (Az. 6 UF 120/21).

 

Danach handelt es sich bei einer Impfung gegen das Corona-Virus um einen nicht geringfügigen medizinischen Eingriff. Nach überwiegender Auffassung müssen in einen solchen Eingriff alle Sorgeberechtigten – in der Regel beide Eltern – einwilligen. Sollten sich die Eltern nicht einigen können, ist eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Im konkreten Falle waren die geschiedenen Eltern eines fast 16-jährigen uneins: Der Vater wollte die Impfung, die Mutter, bei der das Kind überwiegend lebt, wollte sie nicht. Das Gericht hat die Entscheidung dem Vater übertragen, der dann die Impfung vornehmen ließ. Maßgeblich bei solchen Entscheidungen ist das Kindeswohl. Dieses sprach nach Ansicht des Gerichtes für die Impfung, da das Kind zu einer Risikogruppe zählt und die Ständige Impfkommission die Impfung empfiehlt.

 

Für die zahnärztliche Praxis bedeutet das: Vor einer solchen Impfung – wie z.B. auch vor einer operativen Weisheitszahnentfernung – ist immer die ausdrückliche Zustimmung aller Sorgeberechtigten einzuholen.

Nicht wenige Patienten leiden unter Allergien oder Überempfindlichkeiten gegen Materialien. Es versteht sich von selbst, dass diese Materialien bei diesen Patienten nicht verwendet werden sollten. Wenn ein entsprechender Allergiepass vorgelegt wird, ist der Fall klar. Besteht auch eine Pflicht des Zahnarztes, von sich aus nach Allergien zu suchen oder von ihm verwendete Materialien ohne konkreten Anlass auf Verträglichkeit bei dem Patienten zu prüfen?

 

Das Oberlandesgericht Dresden (OLG) hat sich hierzu eindeutig positioniert: „Liegen keine konkreten Anhaltspunkte für etwaige Unverträglichkeiten vor, so besteht für den Zahnarzt grundsätzlich keine Verpflichtung zur Durchführung von Allergietests vor dem Einbringen von Zahnersatz“ (Az. 4 W 276/21). Mit anderen Worten: Der Patient muss beweisen, dass dem Zahnarzt die Allergie bei Planung bzw. Eingliederung des Zahnersatzes bekannt war-vorzugsweise durch Übergabe des Allergiepasses.