Glaubwürdigkeit von EDV-Dokumentationen

In zahnärztlichen Haftungsprozessen spielt die Behandlungsdokumentation eine erhebliche Rolle. Deren Richtigkeit wird vermutet und kann für und gegen den Zahnarzt sprechen. Es gilt der Grundsatz: Was dokumentiert ist, ist auch erfolgt, was nicht dokumentiert wurde, ist nicht erfolgt. Auf diese Weise können Aufklärungsrügen des Patienten abgewehrt aber auch dem Zahnarzt das Unterlassen einer notwendigen Befunderhebung angelastet werden. Die entsprechende Rechtsprechung wurde anhand der klassischen Papier-Dokumentation entwickelt.

Immer mehr Zahnärzte führen eine papierlose EDV-Dokumentation durch. Diese ist grundsätzlich weniger gegen Manipulationen geschützt als eine papiergebundene mit fortlaufender Seitennummerierung. Deshalb taucht immer öfter die Frage auf, ob eine solche EDV-Dokumentation den gleichen Beweiswert für und gegen den Zahnarzt hat wie die papiergebundene. Hierzu hat das Oberlandesgericht Naumburg (im Folgenden: OLG) ein wegweisendes Urteil gefällt (Az. 1 U 45/11).

Das OLG hat hierzu ausgeführt, dass der Beweiswert einer ärztlichen Behandlungsdokumentation nicht dadurch gemindert wird, dass ein EDV-Programm verwendet wird, das nicht gegen nachträgliche Veränderbarkeit gesichert ist, wenn der beklagte Arzt plausibel darlegen kann, dass seine Eintragung richtig ist, und sie aus medizinischen Gesichtspunkten schlüssig erscheint. Das bedeutet: Grundsätzlich ist eine EDV-Dokumentation gleichwertig, jedoch wird vom Arzt erwartet, dass er dem Gericht „plausibel darlegt“, dass seine Eintragung richtig ist. Auch soll sie offenbar von dem gerichtlich bestellten Gutachter auf ihre Schlüssigkeit geprüft werden.

Das OLG nennt noch zwei Punkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Behandlungsdokumentation aufkommen lassen: Nachträgliche Änderungen und ein großer zeitlicher Abstand zwischen der Behandlung und ihrer Dokumentation.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Rechtsprechung vor dem höchsten deutschen Gericht in Zivilsachen, dem Bundesgerichtshof, Bestand haben wird. Außerdem ist jeder Zahnarzt gut beraten, sich bei der Dokumentation viel Mühe zu geben. Wer nur Abrechnungsziffern notiert, gerät schnell in Beweisschwierigkeiten – egal, ob papierlos oder auf Papier gearbeitet wird.

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