Strafbarkeit von Gefälligkeitsgutachten

Vielen Zahnärzten, auch vielen Gutachtern, ist der § 278 StGB nicht bekannt. Danach kann mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren bestraft werden, wer „wider besseres Wissen“ als Arzt ein „unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft“ ausstellt.

Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (2 BvR 2419/13) zeigt exemplarisch, wie weit dieser Straftatbestand reicht:

Ein so genannter Beratungszahnarzt eines privaten Krankenversicherungsunternehmens verneinte in einem Gutachten die medizinische Notwendigkeit einer geplanten zahnmedizinischen Behandlung. Damit fanden sich weder der Patient noch der behandelnde Zahnarzt ab und gingen vor das Zivilgericht. Der von diesem Gericht bestellte andere Gutachter bestätigte nicht nur die medizinische Notwendigkeit der geplanten Behandlung, er teilte auch mit, dass einige der Ausführungen des Beratungszahnarztes „erschreckend“ und „falsch“ seien und fügte hinzu, dass die Gutachten des Beratungszahnarztes aus immer denselben Textbausteinen bestünden. Daraufhin zeigte der behandelnde Zahnarzt den Beratungszahnarzt an.

Die Staatsanwaltschaft führte mit Zustimmung des zuständigen Gerichts bei dem Beratungszahnarzt eine Durchsuchung durch, um nähere Kenntnisse über die von diesem für die private Krankenversicherungsgesellschaft erstellten Gutachten sowie die dafür erhaltene Vergütung zu erlangen. Gegen diese Durchsuchung rief der Beratungszahnarzt das Bundesverfassungsgericht an, das die Durchsuchung im Ergebnis billigte.

Solche Durchsuchungen der Praxisräume durch die Polizei sind natürlich sehr nachteilig für den Ruf des jeweiligen Zahnarztes. Außerdem kann eine Bestrafung den Verlust der Approbation nach sich ziehen. Deshalb kann nur jedem Zahnarzt geraten werden, bei der Erstellung von Gutachten sehr sorgfältig vorzugehen und nur zutreffende Ausführungen zu machen. Es ist nicht nur unkollegial sondern eben auch strafbar, wissentlich unzutreffende Ausführungen zu machen, um die vermuteten Erwartungen der beauftragenden Versicherungsgesellschaft zu erfüllen.

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